Die Witwenrente, auch Witwerrente oder Hinterbliebenenrente genannt, dient der finanziellen Absicherung der Hinterbliebenen im Todesfall des Ehegatten. Doch: Nicht jeder Hinterbliebene hat Anspruch auf die Witwenrente.
Die Rentenreform von 2001 läutete einen Paradigmenwechsel bei der Witwenrente ein. Seitdem wird unter anderen davon ausgegangen, dass Hinterbliebene, die eine bestimmte Altersgrenze noch nicht erreicht haben, nach einer Übergangszeit wieder selbst für sich sorgen können. Zugleich wurde die Anrechnung von Einkommen auf die Rentenleistung ausgeweitet.
Wir unterscheiden somit nach dem alten Recht (vor der Rentenreform) und dem neuen Recht (nach der Rentenreform). Zudem wird unterschieden zwischen der großen und der kleinen Witwenrente.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden?
Nicht jeder Hinterbliebene hat Anspruch auf die Witwenrente. Es gibt folgende Voraussetzungen:
- der Verstorbene hat bereits Rente bezogen oder erfüllt die Mindestversicherungszeit (auch Wartezeit genannt) von fünf Jahren
- die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft wurde nicht geschieden
- Ehen, die ab dem 1. Januar 2002 geschlossen wurden, müssen mindesten ein Jahr lang vor dem Tod des Partners bestanden haben (Ausnahme Unfalltod)
- keine neue Heirat oder Lebenspartnerschaft eingegangen
- kein Rentensplitting vereinbart
Info Rentensplitting: Beim Rentensplitting wird die Rente beider miteinander verrechnet und zu gleichen Teilen auf die Partner aufgeteilt. Beide bekommen somit das Gleiche ausgezahlt.
Wann greift das alte und wann das neue Recht?
Seit der Rentenreform 2001 unterscheiden wir zwischen dem alten und dem neuen Recht. Grundlegend für die Einstufung ist, wann die Ehe oder Lebenspartnerschaft geschlossen und wann die Partner geboren wurden.
Witwenrente nach altem Recht:
- Ehepartner ist vor 1. Januar 2002 verstorben oder
- Ehe wurde vor dem 1. Januar 2002 geschlossen und ein Ehepartner/Lebenspartner ist vor dem 2. Januar 1962 geboren
Witwenrente nach neuem Recht:
- Ehe wurde ab 1. Januar 2002 geschlossen oder
- Eheschließung fand vor dem 1. Januar 2002 statt aber beide Ehe- oder Lebenspartner sind nach dem 2. Januar 1962 geboren
Kleine oder große Witwenrente – was bedeutet das?
Neben der Unterscheidung zwischen dem alten und neuen Recht, wird zusätzlich zwischen der großen Witwenrente und der kleinen Witwenrente unterschieden. Das wirkt sich zum einen auf die Höhe der Leistungen und zum anderen die Dauer des Bezugs aus.
Kleine Witwenrente
Hinterbliebene beziehen die kleine Witwenrente, wenn sie:
- das 47. Lebensjahr noch nicht vollendet haben
- nicht erwerbsgemindert sind
- kein Kind erziehen
- kein behinderte Kind betreuen
Mit der kleinen Witwenrente erhalten die Hinterbliebenen 25 Prozent der Rente des Verstorbenen. Kommt das neue Recht zur Anwendung, ist der Bezug auf 24 Kalendermonate nach dem Tod des Ehe- oder Lebenspartners begrenzt. Es wird davon ausgegangen, dass die Hinterbliebenen danach selbst wieder für ihren Lebensunterhalt aufkommen können. Gilt das alte Recht, wird die kleine Witwenrente so lange gezahlt, wie die Voraussetzungen vorliegen.
Große Witwenrente
Die große Witwenrente wird ausgezahlt, wenn die Hinterbliebenen:
- das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
- erwerbsgemindert sind oder
- seit dem 31. Dezember 2000 berufs- oder erwerbsunfähig sind oder
- ein eigenes Kind oder ein Kind des Verstorbenen erziehen, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat
- mit einem behinderten auch volljährigen Kind im gemeinsamen Haushalt leben
Kommt das alte Recht zur Anwendung, werden 60 Prozent der Rente des Verstorbenen ausgezahlt. Nach neuem Recht sind es 55 Prozent. Die große Witwenrente wird so lange gezahlt, wie die Voraussetzungen erfüllt werden.
Je nach Lebensjahr des Verstorbenen kann sowohl die große als auch die kleine Witwenrente um einen Abschlag gemindert werden.
Wie berechnet sich der Rentenabschlag?
Hat der Verstorbene das 65. Lebensjahr noch nicht erreicht, reduziert sich die Witwenrente um einen Abschlag. Vor Vollendung des 62. Lebensjahrs des Verstorbenen beträgt dieser 10,8 Prozent. Für die Monate zwischen dem 62. Geburtstag bis zum Alter von 64 Jahren und 4 Monaten (gilt 2020) werden pro Monat 0,3 Prozent abgezogen. Die Altersgrenze für die abschlagsfreie Rente steigt schrittweise bis zum Jahr 2024 auf 65 Jahre.
Kann es einen Wechsel zwischen den Renten geben?
Ja, Sie können sozusagen auf- oder auch absteigen. Erreichen Bezieher der kleinen Witwenrente das Alter für die große Witwenrente oder werden berufs- oder erwerbsunfähig, wechseln sie von der kleinen in die große Witwenrente. Andererseits kann die große Witwenrente in die kleine übergehen, wenn das Kind volljährig wird und keine der anderen Voraussetzungen für den Bezug der großen Witwenrente erfüllt werden.
Wo kann ich die Witwenrente beantragen?
Die Witwenrente wird nicht automatisch ausgezahlt, sondern muss bei der Deutschen Rentenversicherung beantragt werden. Dies kann auch online geschehen. Zusätzlich zum Antrag sind folgende Nachweise erforderlich:
- Sterbeurkunde
- Heiratsurkunde oder Urkunde über die Lebenspartnerschaft
- letzte Rentenanpassungsmitteilung des Verstorbenen
Wurde noch keine Rente bezogen, müssen alle für die Berechnung erforderlichen Rentenunterlagen eingereicht werden.
Gut zu wissen: Alle Hinterbliebenenrenten zahlt die Rentenversicherung rückwirkend bis zu zwölf Monate ab dem Monat der Antragstellung.
Was bedeutet das Sterbevierteljahr?
Für eine Übergangszeit von drei Monaten nach dem Tod des Ehe- oder Lebenspartners, dem sogenannten Sterbevierteljahr, zahlt die Rentenversicherung die Rente des Verstorbenen in voller Höhe an den Hinterbliebenen aus.
Kann man einen Vorschuss beantragen?
Hinterbliebene können einen Vorschuss auf die Witwenrente beantragen. Dies erfolgt nicht bei der Deutschen Rentenversicherung, sondern beim Renten-Service der Deutschen Post. Formulare gibt es in jeder Postfiliale. Der Antrag muss innerhalb von 30 Tagen nach dem Tod des Ehe- oder Lebenspartners gestellt werden. Vorzulegen sind neben dem Antrag auf Vorschussleistungen die Sterbeurkunde und bei Lebenspartnerschaften die Urkunde über die Lebenspartnerschaft.
Welche Einkünfte werden auf die Rente angerechnet?
Auf die Hinterbliebenenrente werden eigene Einkommen angerechnet. Dazu zählen:
- Einkommen aus nichtselbständiger und selbständiger Arbeit
- eigene Renteneinkünfte
- Einkünfte aus Kapitalvermögen
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
- Elterngeld
Unter Anwendung von Pauschalen wird das Nettoeinkommen ermittelt. Zudem findet ein Freibetrag Anwendung.
Können auch Geschiedene eine Witwenrente bekommen?
Geschiedene können sowohl nach dem alten als auch nach dem neuen Recht eine Witwenrente erhalten. Dafür gelten bestimmte Voraussetzungen:
- die Ehe mit dem Verstorbenen wurde vor dem 1. Juni 1977 geschieden
- der Verstorbene hat bereits Rente bezogen oder die Mindestversicherungszeit von fünf Jahren erfüllt
- der Hinterbliebene hat nicht erneut geheiratet oder sich verpartnert
- der Hinterbliebene hat im letzten Jahr vor dem Tod des Ex-Partners Unterhalt von ihm oder ihr bezogen bzw. einen Unterhaltsanspruch in Höhe von mindestens 25 Prozent des Sozialhilfe-Regelsatzes gegen ihn oder sie gehabt
Bei einer (Geschiedenen-)Witwenrente entfällt im Übrigen das Sterbevierteljahr.
Wichtig: Geschiedene, die ein minderjähriges Kind erziehen, können beim Tod des Ex-Partners eine Erziehungsrente erhalten. Diese wird aus der Versicherung der oder des Überlebenden gezahlt. Hierfür müssen sie selbst mindestens fünf Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt, nicht neu geheiratet haben und ein eigenes minderjähriges Kind oder das des Verstorbenen erziehen.
Ich habe neu geheiratet, bin aber wieder geschieden?
Wurde die neue Verbindung wieder durch Scheidung oder Aufhebung gelöst, besteht das Recht auf (Geschiedenen-)Witwenrente des früheren Ehe- oder Lebenspartners, wenn die Voraussetzungen für den Bezug von Witwenrente erfüllt werden. Je nachdem kann die kleine oder große Witwenrente ausgezahlt werden. Findet das alte Recht Anwendung oder wurde die Ehe vor dem 1. Juli 1977 geschieden, wird nicht nur die große, sondern auch die kleine Witwenrente unbegrenzt gezahlt.
Für die Berechnung der (Geschiedenen-)Witwenrente ist zudem entscheidend, ob Ansprüche auf Versorgung, Unterhalt oder Rente gegenüber dem jetzigen Ex-Partner bestehen. Die Witwenrente kann somit durchaus geringer ausfallen.
Gezahlt wird sie in der Regel ab dem Monat, der auf das Ende der Ehe oder Lebenspartnerschaft folgt – allerdings auch nur zwölf Monate rückwirkend. Bei erneuter Eheschließung fällt sie wieder weg.
Starthilfe der Rentenversicherung in ein neues Leben
Die Deutsche Rentenversicherung zahlt eine kleine Starthilfe, sollten Sie sich entscheiden, erneut zu heiraten. Zugrundegelegt wird die durchschnittliche Witwenrente der letzten zwölf Monate (nach Einkommensabrechnung, aber vor Abzug der Kranken- und Pflegeversicherung). Dies wird um den Faktor 24 erhöht – entspricht somit zwei Jahresbezügen.
Dieser Text ist eine allgemeine Information und ersetzt keine juristische Beratung. Jeder Fall ist anders gelagert. Bitte nehmen Sie im Zweifel anwaltliche Hilfe in Anspruch. Gern stehe ich Ihnen für Ihre Fragen zur Verfügung.